Otto Bamberger
Verfasser: Manfred Brösamle-Lambrecht
Otto Bamberger (18.05.1885 in Mitwitz) leitete zusammen mit seinem Vater Philipp (1862-1919) und seinem Onkel Fritz (1864-1942) die Firma D. Bamberger. Er war ein erfolgreicher Unternehmer, bedeutender Mäzen und Kunstsammler – und ein ausgesprochen unkonventioneller Zeitgenosse.
Seinen Schneider brachte er zum Verzweifeln, als er von ihm ein Anzugssakko ohne Revers verlangte – das brauche doch sowieso niemand. Als Geschäftsführer eines Unternehmens mit über 30 Beschäftigten war er Mitglied der SPD, eine Partei, die damals noch für die Vergesellschaftung der Betriebe eintrat.
Familie
Seine Ehefrau Henriette (Jetta) lernte er kennen, indem er eine Heiratsannonce in einer überregionalen Zeitung aufgab – im Jahre 1913 ein ausgesprochen unüblicher Weg der Eheanbahnung, der seine Familie vor den Kopf stieß.
Das Paar hatte zwei Kinder: Ruth (1914-1983) und Klaus (1920-2008), der seinen Vornamen später in den USA in Claude änderte. Er berichtet in seiner Publikation „Geschichte einer Familie“ … von einer freien, unbeschwerten Kindheit in Lichtenfels.
Beide Kinder erhielten eine hervorragende Schulbildung in ausgesuchten Institutionen.
Erfolgreicher Unternehmer
Otto Bamberger, der älteste von vier Söhnen von Philipp Bamberger, wurde von Anfang an auf seine Funktion als Geschäftsführer vorbereitet. Sein Vater schickte ihn zur Lehre in verschiedene Partnerfirmen im Ausland, in Lichtenfels erlernte Otto den Beruf des Kaufmanns. Bereits 1925 trat er in die Geschäftsführung ein. Da die Nachfrage nach traditionelle Palmblatt-Artikeln nach dem 1. Weltkrieg spürbar zurückging, eröffnete er der Firma mit Holzspielwaren ein neues Geschäftsfeld. Er steuerte die Firma unbeschadet durch die Weltwirtschaftskrise.
Sammler und Mäzen
Otto Bamberger war ein bedeutender Mäzen und Kunstsammler. Seine Kollektion von Werken aus dem Umfeld des deutschen Expressionismus umfasste zahlreiche Werke von Barlach, Beckmann, Chagall, Kirchner, Kubin und vielen anderen bekannten Künstlern. Alfred Kubin war zudem gern gesehener, häufiger Gast in der Villa der Bambergers. Große Teile der bedeutenden Sammlung wurden 1938 von den Nazis beschlagnahmt und geraubt, ein kleiner Teil der Kunstwerke konnte 1945 gerettet werden, als ein Cousin von Klaus als US-Besatzungsoffizier die noch im Lichtenfelser Rathaus lagernden Reste sicherstellte.
Otto gilt als bedeutendster Förderer des Weimarer bzw. Dessauer Bauhauses. 1924 ließ er seine 1914 errichtete Villa „Sonnenhaus“ in der Kronacher Straße in Lichtenfels vollständig vom Bauhaus-Innenarchitekten Erich Dieckmann einrichten und gestalten. Das Unternehmen D. Bamberger war zudem ein wichtiger Zulieferer für die Weimarer und Dessauer Werkstätten.
Tod nach Nazi-"Schutzhaft" 1933
Als Jude, wohlhabender Unternehmer und Sozialdemokrat war Otto Bamberger willkommene Zielscheibe für die Schergen der neuen Machthaber. Auf einer Geschäftsreise in Frankfurt wurde er 1933 von der SA eine Woche lang inhaftiert und misshandelt. Erst das energische Einschreiten seiner Frau und eines anständig gebliebenen Polizeileutnants vermochte Otto Bamberger von einer Haft zu befreien, von der er sich nicht mehr erholen sollte. Innerlich gebrochen suchte er in schwerer Depression Linderung in einem Kuraufenthalt in Baden-Baden, wo er bald darauf an einem Herzanfall starb.
Sohn Klaus Philipp Bamberger
Der Sohn Klaus, der sich später in den USA „Claude P.“ nannte, berichtet in seinen Lebenserinnerungen von einer unbeschwerten, freien und wilden Kindheit in Lichtenfels. Ab 1930 sandten ihn seine Eltern in das reformäpagogische Internat „Schule am Meer“ auf Juist. Nach dem Tod des Vaters und angesichts des massiven Drucks der neuen Machthaber auf die politiisch und pädagogisch unliebsame Schule wechselte er auf das konservative Elite-Internat Voralpine Knaben-Institut Dr. Schmidt nach St. Gallen in die Schweiz, später auf die Fachoberschule École supérieure de commerce in Neuchâtel.
Als 17-jähriger wanderte er 1938 in die USA aus und fand erste Unterkunft bei seinem Onkel Gus Bamberger in Cleveland, Ohio. Anfangs arbeitete Claude als Zeitungsausträger, Botenjunge und in anderen Jobs, während er seine Bildung in Abendkursen vertiefte.
Eine Anstellung bei seinem Onkel Anton Bamberger in New York brachte ihn in das Geschäftsfeld der Kunststoffproduktion und -verarbeitung. 1953 nach dem Tode des Onkels gründete Claude P. Bamberger seine erste eigene Firma. Seine Unternehmen entwickelten sich u.a. zu einem der weltweit führenden Exporteure von Kunststoffen nach Asien.
In späteren Lebensjahren publizierte er mehrere Werke zu seiner Familiengeschichte und besuchte Lichtenfels einige Male. Die Aufarbeitung der NS-Verbrechen an seiner Familie war ihm ein wichtiges Anliegen.