Fritz und Emilie Bamberger
Verfasser: Manfred Brösamle-Lambrecht
Fritz Bamberger, geboren am 15. Dezember 1862 in Mitwitz, heiratete am 8. Juli 1889 in Lichtenfels Emilie Kaumheimer, geboren am 12. März 1870 in Burgkunstadt als Tochter des Viehhändlers Isaak Kaumheimer, und seiner Frau Sophie, geb. Bamberger. Sie hatten einen Sohn, Alfred, geboren am 21. August 1890 in Lichtenfels.
Aufbau eines bedeutenden Unternehmens
Die beiden Brüder Philipp und Fritz Bamberger leiteten seit 1875 die Firma ihres Vaters David Bamberger. Sie erweiterten das Familiengeschäft zum größten europäischen Rohmateriallieferanten für die Korb- und Möbelindustrie. Der Import stammte größtenteils aus China, Japan, Indien, Kuba, Frankreich, die Niederlande, Italien und der Schweiz. Der Export erstreckte sich weltweit.
Mit 300 Mitarbeitern zählte die Firma David Bamberger im Jahr 1914 zu den größten Lichtenfelser Handelshäusern. Nach dem ersten Weltkrieg musste sich die Firma umorientieren. Palmblattartikel kamen allmählich außer Mode. Der Import von Holzspielwaren wurde ein zusätzliches Standbein der Firma.
Fritz Bamberger führte nach dem Tod seines Bruders 1919 die Firma zusammen mit seinen Neffen Otto und Ludwig Bamberger. Sein Sohn Alfred Bamberger trat in den Dreißiger Jahren in die Geschäftsleitung ein. In seinen Kindheitserinnerungen berichtet sein Großneffe Klaus (später Claude; Sohn von Philipps Sohn Otto) von einem strengen alten Mann (wir wissen natürlich nicht, wie sehr die Kinder Fritz ärgerten):
Das Geschäft in der Bamberger Straße war ein Ort, den ich regelmäßig aufsuchte, wenn auch aus anderen Gründen als mein Vater. Die vielen Lagerhäuser von über 24 000 Quadratmetern waren ein Paradies für kleine Jungen zum Versteckspielen. In einem Lager dienten Rohrstapel, Kokosfasern und anderes elastisches Material als riesiges Trampolin, aber nur solange Onkel Fritz nicht in der Nähe war. Mein Großonkel Fritz, ein Bruder meines Großvaters, war unser Schrecken. Wir fühlten uns als seine Beute; von einem Lager zum anderen schlich er uns nach, mit einem Rohrstock in der Hand, bereit zum Angriff. Allein, er war zu langsam und zu alt. Stets entkamen wir ihm, aber er brachte es schon fertig, uns den Spaß zu verderben.
Quelle: Bamberger, Klaus: Aus der Geschichte der Familie Bamberger. Kindheitserinnerungen an Lichtenfels, Kleine CHW-Schriften, Heft 2, Lichtenfels 2005, S. 30
Am 16. Juli 1937 schied Fritz Bamberger als Gesellschafter bei der Firma D. Bamberger aus.
Der Leidensweg von Fritz und Emilie Bamberger
Während viele Mitglieder der Familie mit Hilfe ihres Onkels Gustave Bamberger in Cleveland in die USA emigrieren konnten, gingen Fritz und seine Frau Emilie (Millie) wohl davon aus, dass die NS-Machthaber alten Leuten nichts antun würden – ein tödlicher Irrtum. Nach der „Arisierung“ der Firma und des Wohnhauses in der Bamberger Straße zog das Paar am 3. August 1939 nach München, um in der Anonymität der Großstadt dem alltäglichen Antisemitismus zu entkommen.
Bis März 1941 lebten sie in der standesgemäßen Villa bei der Familie Schermer in der Sternwartstr. 24/I, dann in einer Pension in der Leopoldstraße 16/III. Anfang Dezember 1941 wurden sie im Durchgangs-Sammellager Berg am Laim in der Clemens-August-Straße interniert. Die »Arisierungsstelle« hatte im Sommer 1941 den 1936 neu errichteten Nordflügel des Klosters der Barmherzigen Schwestern beschlagnahmt und richtete hier die »Heimanlage für Juden in Berg am Laim« – so die verharmlosende Bezeichnung der NS-Behörden – ein. Die Ordensschwestern begegneten den zwangseingewiesenen Juden mit Mitgefühl und versorgten sie mit Lebensmitteln. Doch Zwangsarbeit und die ständig präsente Gefahr der Deportation zehrte an den Internierten. Viele empfanden ihre Lage als derart aussichtslos, dass sie sich das Leben nahmen.
Im Februar 1942 steckte man Fritz und Emilie Bamberger in das „Judenlager Milbertshofen“ in der Knorrstraße – ein Arbeitslager aus 18 Baracken. Im Januar 1942 hatten die Machthaber Fritz noch zu einer „freiwilligen“ Spende von 5.000 Reichsmark zur Finanzierung dieses Lagers gezwungen. Von dort aus wurden die beiden alten Leute am 17. Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert.
Der fast 80-jährige Fritz Bamberger überlebte die Torturen nur einige Tage. Auf der Transportliste wurde sein Name mit dem Bleistiftvermerk „gest. 29.06.1942“ gestrichen. Am 19.09.1942 wurde Emilie Bamberger (Transportnr. 1145) mit 1978 Personen mit Transport Bo in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet.